„Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause – JVA“

Im Verfahren gegen Schubi wird Bildmaterial – ob bewegt oder statisch, digital oder analog – vom Gericht eine ganz besondere Bedeutung beigemessen. Jedenfalls solches Bildmaterial, welches der Anklage und dem Gericht dienen, um Schubi als vermeintlichen Täter zu belasten. Neben dem zusammengeschnittenen Videomaterial der geschädigten und diensthabenden Polizeieinheiten an den besagten Spieltagen des FC Hansa Rostock, spielte seit Juni diesen Jahres ein Foto eine ganz besondere Bedeutung.
Der ehemalige Mithäftling und Informant des Verfassungsschutzes MV Thomas C. hatte behauptet, dass Unterstützer_innen von Schubi den vorsitzenden Richter am Landgericht Rostock hatten ausspähen lassen. Seine Aussage versuchte er glaubhaft zu machen, indem er behauptete, ein privates Bild jenes Richters gesehen zu haben, dass diesen im Frühjahr bei einer Grillparty (sic!) zeige. Allerdings konnte der Zeuge bei seiner Anhörung vor Gericht nicht konsistent darlegen, woher er wisse, dass es sich dabei um den vorsitzenden Richter handle, geschweige denn, was überhaupt auf dem Bild zu sehen gewesen sei. Er sei sich dennoch sicher, dass es der vorsitzende Richter war, den er selbst das erste Mal im August 2015 bei seiner eigenen Verhandlung gesehen hatte. Vor Gericht sagte er aus, dass ihm die Ähnlichkeiten zu dem Mann auf dem angeblichen Bild und dem vorsitzenden Richter nicht bei seiner eigenen Verhandlung aufgefallen seien, sondern erst, als er als Zeuge in Schubis Verfahren dazu befragt wurde, wer darauf zu sehen gewesen ist. Der Richter, natürlich!
Diese Widersprüche und massiven Erinnerungslücken des Zeugen ließen letztlich erahnen, dass es gar kein Bild und damit auch keine Ausspähung des vorsitzenden Richters in Schubis Verfahren gegeben hatte. Aber was hatte dieser Zeuge dann gesehen? Um diese Frage zu klären, legte die Verteidigung dem Gericht ein Bild vor, dass im Frühjahr, also genau zu dem Zeitpunkt, zu dem Thomas C. das Richterbild gesehen haben will, in der JVA Waldeck kursierte. Auf dem Bild ist zu sehen, wie ein Mann mit Sonnenbrille draußen vor einem Haus sitzt. In der Hand hält er ein gefülltes Bierglas. Er trägt eine lange Hose, eine geöffnete Jacke, sodass man ein weißes T-Shirt mit einem Aufdruck sehen kann. Auf dem T-Shirt steht „Wir geben ihrer Zukunft ein Zuhause JVA“. Die Reaktion des Gerichts auf das Bild offenbarte, dass es sich zwar nicht um den vorsitzenden Richter in Schubis Verhandlung handle, wohl aber um einen anderen Richter des Landgerichts Rostock.
Der zynische Spruch gibt einen tiefen Einblick, was Strafen offenbar für den Träger des T-Shirts bedeuten. Einerseits scheint es, als mündeten Gerichtsverfahren für den betreffenden Richter idealerweise in der Verurteilung zu einer Haftstrafe und andererseits wirkt das Vollzugsziel der Wiedereingliederung in das soziale Gefüge der Gesellschaft hier unbedeutend bis nachrangig. Angeklagte und ihre Lebensgeschichten sind für diesen Richter offenbar nur Anlass für Spott und Häme. Die Verhängung der Freiheitsstrafe als Ultima Ratio der Strafzumessung im deutschen Strafrecht wird mit diesem Ausspruch nicht nur trivialisiert, sondern auch mit dem Gestus der sozialen Mildtätigkeit ins Lächerliche gezogen.

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