Fußballfan und Fluchthelfer – Wer ist Schubi?

Die heutige Befragungen zielten zum großen Teil darauf ab, den Angeklagten zu dämonisieren und als politischen Überzeugungstäter hinzustellen. Dazu wurde heute überraschend ein Komplex behandelt, der keinerlei Bezug zu den Fußballspielen des FC Hansa gegen den SG Dynamo oder RB Leipzig hatte. Es ging dabei um die Frage, ob Schubi sich an seinem Arbeitsplatz gegen eine erzwungene Mithilfe zu einer Abschiebung zur Wehr gesetzt haben soll. Zwei Zeugen sagten zu diesem Vorgang aus.

Dabei handelte es sich einerseits um einen kleinen untersetzten Mann mit orangener Jeanshose – einem Bundespolizisten der Menschen abschiebt. Dieser wurde zu einem Vorfall befragt, der sich im November 2014 zugetragen haben soll. An diesem Tage hatten Polizeibeamte unangekündigt eine Syrerin an Bord eines Fährschiffes gebracht, die nach Schweden abgeschoben werden sollte. Der Zeuge gab an, dass die Abschiebung von Seiten eines Schiffsoffiziers abgelehnt wurde. Dabei habe es sich um Schubi gehandelt. Ein weiterer Zeuge, der Kapitän des Schiffes, der heute ebenfalls geladen war, teilte dem Gericht mit, er habe Schubi angewiesen, den Beamten mitzuteilen, dass die Abschiebung nicht durchgeführt werde. Das ständige Einspannen der Besatzung für die Abschiebetätigkeiten stellt ein dauerhaftes Ärgernis für die Besatzung der Crews dar.

Dennoch wollten die Beamten die Abschiebung der Syrierin durchsetzen. Nach der ersten Auseinandersetzung offenbar überrascht, dass ihre Befehle nicht blind befolgt wurden, warteten die misstrauischen Bundespolizisten vor der Fähre ab. In einem von ihnen gestoppten Terminalbus, der vor allem Mitglieder der Crew des Fährschiffes transportierte, griffen die Beamten erneut die syrische Frau auf. Konfrontiert wurden sie bei Betreten des Busses nach Aussage des Bundespolizisten erneut von Schubi.

Der Angeklagte erlebte die Polizei in seinem Berufsalltag als ein Gegenüber, das die Besatzung des Fährschiffes immer wieder ungefragt zu Komplizen von Abschiebungen machen will. Dabei bemühen sich die Beamt_innen nicht um Kommunikation und in der Folge auch nicht um Fragen der Sicherheit. Sie liefern einfach Menschen am Fährterminal ab, und verlangen, dass die Fährlinie für sie die Abschiebung umsetzt. Diese Abschiebungen und das Verhalten der Polizei wird von der Besatzung der Schiffe nicht gutgeheißen. Die Bundespolizei erzwingt aber diese Kooperation.

Nach der Aussage von Schubis Vorgesetzten ergibt sich von dem Angeklagten das Bild eines Menschen, das im deutlichen Gegensatz zum Befehlsempfänger des abschiebenden Polizisten steht. Letzterer schiebt gedankenlos Menschen, die vor Not und Verfolgung geflohen sind ab, weil es für ihn nur ein Job ist. Der Befehlsempfänger, versucht dabei sein Tagewerk hinter Euphemismen und Beamtensprache zu verschleiern, was nichts an der Gedankenlosigkeit ändert, mit der er seine Order in die Tat umsetzt. Ihm schräg gegenüber saß auf der Anklagebank in der heutigen Verhandlung ein Mensch, der in seinem Arbeitsalltag Verantwortung für Kolleg_innen und die ihm anvertrauten Mitmenschen übernimmt, seien diese nun Freiwillige oder unfreiwillige Fahrgäste auf der Fähre.

Gegenüber diesem Angeklagten wechselten heute Staatsanwalt und vorsitzender Richter die Rollen. Während der Oberstaatsanwalt durch die Form seiner Nachfragen, bemüht war Uneindeutigkeiten zu erhellen, führte sich der vorsitzende Richter wie ein Chefankläger auf. Dabei geriet er nicht nur wiederholt mit der Verteidigung in Streit, sondern leistete sich auch eine ganz besondere verbale Entgleisung. So sprach er in der heutigen Verhandlung bei der Befragung des Kapitäns wörtlich von „Asylanten“. Ein Richter des Rostocker Landgerichts redete heute in der Sprache des „Packs“ (Sigmar Gabriel), er verwendete dieselben Begriffe wie die Hetzer von Pegida und NPD.

Auch darüber hinaus wurde das Kalkül der Kammer, Schubi als politischen Überzeugungstäter hinzustellen von der Realität überholt. Was ihm heute als mögliche Straftat zugerechnet werden sollte, geschieht seit nunmehr einem Monat tausendfach in Rostock. Wenn Schubi sich der Fluchthilfe „schuldig“ gemacht hat, indem er nicht mit Kadavergehorsam den Anweisungen der Bundespolizei nachkam, dann haben sich auch hunderte anderer freiwillige Helfer_innen von „Rostock hilft“ und anderen bürgerschaftlichen Hilfsinitiativen, der Fluchthilfe schuldig gemacht. Während die Bundeskanzlerin betonte, das Grundrecht auf Asyl kenne keine Obergrenze; redet der Vorsitzende Richter in der Sprache des rassistischen Packs. Die Kammer wollte Schubi ein Verhalten vorwerfen, das in den letzten vier Wochen beständig in Rostock und Sassnitz vorgekommen ist und das absolut im Einklang mit den Worten der Bundeskanzlerin steht. Würde Schubi nicht seit einem dreiviertel Jahr in Haft gehalten, so würde er heute eine derjenigen Fähren steuern, auf denen derzeit die Geflüchteten reisen. Wir sind uns sicher, er würde mit „Rostock hilft“ sehr gerne kooperieren.

Free Schubi!

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